„Steuerhinterziehung“, ein hartes Wort für eine kleine Unart. Nein, kein Kavaliersdelikt, keine Kleinigkeit, sondern schlicht die Frage, ob sich Fahrer von Firmenfahrzeugen einen Vorteil erschleichen, der eigentlich zur Förderung von bestimmten Verhalten gedacht ist. Wenn ich für das Benutzen eines Elektromotors bares Geld einstreiche, dann aber den Elektromotor ungenutzt mit mir rumtrage, dann kann man über die Verwendung des Wortes Steuerhinterziehung gerne mal nachdenken.
Aber fangen wir mal vorne an.
Neue Hochleistungen aus dem Bundesverkehrsministerium
Erklärtes Ziel der Bundesrepublik und Europas ist es, den Anteil der elektrischen Antriebe nach oben zu pushen. Dabei geht es natürlich auch um die Einhaltung der europäischen CO2-Vorschriften, aber eben auch die Sicherung der neuen Antriebsmärkte für die deutsche Automobilindustrie. Wir müssen also einen Markt kreieren, der eine bessere ökologische und ökonomische Zukunft vor sich hat als der Markt für Verbrennungsmotoren. Es müssen Markthindernisse, die normal für einen jungen Markt sind, aus dem Weg geräumt werden.
So ist es doch klar, dass der Markt der Elektroautos (BEV) und Plug-In-Hybriden (PHEV), schwerlich mit dem Markt der Verbrenner mithalten kann, weil er nicht auf Stützung der Anschaffungskosten durch den Nachfolgemarkt (also Gebrauchtwagenmarkt) zählen kann. Ein E‑Fahrzeug, dass heute brandmodern ist, wird in 4 Jahren unverkäuflich sein, weil sich die Technologie so derart rasant entwickelt, dass niemand mehr diese Fahrzeuge kaufen wollen wird. Also bedeutet dies eine Vollamortisation der gesamten Anschaffungskosten über den Nutzungszeitraum von wenigen Jahren. Das macht die E‑Mobilität in ihrer heutigen Entwicklungslage völlig wettbewerbsunfähig.
Und wo bleibt jetzt das Thema Steuerhinterziehung? Abwarten, ein bisschen Basisbetrachtung ist noch notwendig.
Förderhilfen und Steuererleichterung beim Kauf von Elektroautos
E‑Mobilität ist also wettbewerbsunfähig, soweit so gut. Deswegen muss dieser Markt, sofern man ihn entwickeln will, Starthilfen bekommen. Und das bekommt er. Förderungen von Staat und Herstellern für den Käufer und auch noch Steuererleichterungen für den Nutzer von Dienstfahrzeugen. Das ist das Paket, dass die Elektroautos interessant machen soll.
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Und es funktioniert. Die Neuzulassungen von Elektroautos und Plug-In-Hybriden boomt. Die Anzahl der E‑Autos hat sich verdreifacht und die der PHEV fast verdoppelt.
Die Steuervorteile für die Privatnutzung von Firmenwagen wurden vom Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) natürlich an bestimmte Vorgaben geknüpft. Und genau diese Vorgaben werden zu einem nicht zu vernachlässigenden Teil nicht erfüllt.
BMVI-Vorgaben für mögliche Steuervorteile
Die Vorgaben sind zunächst einfach: Ein PHEV muss mindestens 40 Kilometer elektrisch fahren können und/oder weniger als 50g CO2 pro Kilometer ausstoßen. Das Messverfahren zur Feststellung des CO2 Ausstoßes ist WLTP. Wieviel es ausstößt hängt sehr individuell von dem Fahrzeug selber, der Ausstattung des Fahrzeuges und natürlich dem Verhalten der Fahrerinnen und Fahrer ab. Mitte des Jahres 2019 wurde bereits diskutiert, ob denn die Nachrüstung eines Fahrzeuges mit eine Anhängerkupplung (und daraus die Ableitung, dass man wohl einen Anhänger ziehen wird (nach WLTP eine Erhöhung der CO2 Emission) oder Reifen in einer größeren Dimension (die ebenfalls zu einer Verschlechterung des CO2 Ausstoßes nach WLTP führen können), den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt, da der/die Nutzer/in ja einen geringeren geldwerten Vorteil versteuert, obwohl er/sie die Vorgaben nicht erfüllt. Das BMVI hat daher erklärt, dass bei herstellerkonformen Nachrüstungen keine Steuerhinterziehung vorliegt, obwohl die Vorgaben nicht erfüllt werden, und somit das Klima nicht geschützt wird. Nun, das BMVI hat hier wohl wieder mal ein wenig kurz gedacht, nicht das erste Mal.
In allen anderen europäischen Ländern sind die reinen Elektroautos in Stückzahl den PHEV weit überlegen, nur in Deutschland erreichen die Plug-In-Hybridmodelle höhere Zulassungszahlen als die reinen Elektrofahrzeuge. Natürlich liegt das an der Fördersituation und natürlich hat das schlechtere Klimaergebnisse zu Folge.
Werden Hybrid-Fahrzeuge kaum elektrisch gefahren?
Jedoch hat die Sache mit dem Hybriden noch einen ganz anderen Nachteil. Woher weiß man denn, ob ein Hybrid-Fahrzeug jemals elektrisch geladen wird? Immer häufiger wird berichtet, dass junge Leasingrückläufer ein völlig jungfräuliches Ladekabel haben und demnach nie auch nur einen Meter elektrisch gefahren sind. Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Real-CO2-Ausstöße beim Zwei bis Vierfachen der Normwerte liegen. Trotzdem sind die Steuersubventionen in Anspruch genommen worden. Ist das Steuerhinterziehung?
Strom- und Kraftstoffverbrauch müssen aufgezeichnet werden
Genau aus diesem Grund müssen seit dem 01.01.2021 sämtliche neu zugelassenen Fahrzeuge in der Lage sein, ihren Strom- und Kraftstoffverbrauch aufzuzeichnen und an die EU-Kommission zu übermitteln.
Im Fokus liegen hauptsächlich die Autohersteller, um besser feststellen zu können, ob die CO2-Flottengrenzwerte überschritten werden oder nicht. Der einzelne Fahrer könnte jedoch über die Fahrgestellnummer ebenfalls ermittelt werden und somit stünde einer Überprüfung der voraussetzungsadäquaten Inanspruchnahme von Steuervorteilen rein technisch nichts mehr im Wege. Und ehrlich gesagt, warum sollte man dem Fahrer eines E‑Hybridfahrzeuges, der eigentlich nur mit dem Verbrenner fährt, gegenüber einem Fahrer eines Dieselmotors denn Steuervorteile einrichten?