Die vergangenen 12 Monate haben gezeigt, dass sich die Arbeitswelt an Krisen anpassen kann und dass Lösungen, wie die Telearbeit, problemlos eingeführt werden können. Aber diese reaktiven Änderungen, die angesichts der Corona-Pandemie vorgenommen wurden, könnten die Art und Weise, wie wir in Zukunft arbeiten, bestimmen. Unternehmen werden sich die Frage stellen, welche Lehren sie aus der Krise ziehen und welche Veränderungen sie in den kommenden Monaten vornehmen werden. Wir blicken zurück, wie sich das Jahr mit der Pandemie auf die Arbeitswelt auswirkte und was das für die Zukunft bedeuten kann.
Remote Work, Homeoffice, Telearbeit & Co.
Wörter, die vor der Pandemie nur selten in unserem Sprachgebrauch vorkamen. Schon häufig wurden Fragen über die Effektivität des traditionellen Bürojobs im Vergleich zur Telearbeit gestellt. Mit dem Aufkommen von COVID-19 wurde die Zukunft der Arbeitswelt mit noch nie dagewesenen Möglichkeiten konfrontiert:
Fernarbeit wurde für viele Unternehmen sofort zur neuen Normalität. Mitarbeitende zogen sich in die relative Sicherheit von Heimbüros, Küchentischen und behelfsmäßigen Alternativen zurück, um ihren regulären Aufgaben nachzugehen. Einige blühten in diesen neuen Umständen auf. Umfragen ergaben zum Beispiel, dass Angestellte produktiver als vor der Pandemie seien. Andere erlebten die Umstellung als unglaublich schwierig und empfanden Dinge wie „schlechte Bedingungen“ und „Einsamkeit“ als besonders einflussreich.
Wenn wir in die Zukunft blicken, scheint die einzige Gewissheit zu sein, dass die Arbeitswelt nicht so bleiben kann wie bisher. Corona hat uns gelehrt, dass wir uns neu kalibrieren müssen. Vielleicht liegt die Lösung in einem flexiblen Mittelweg, der auf die Bedürfnisse, Stärken und Gewohnheiten jedes einzelnen Mitarbeitenden eingehen kann – dem Hybridbüro.
Was ist ein hybrides Büro?
Ein hybrides Büro bezieht sich im Wesentlichen darauf, dass ein kleiner Teil der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz ist, während andere zu Hause bleiben. Es ist ein vielseitiger Arbeitsstil, der viele Formen annehmen kann. Für ein Unternehmen könnte es ein festes Bürogebäude mit offenen Hot-Desk-Bereichen bedeuten. Für ein anderes könnte es eine dynamische Umgebung mit wechselnden Arbeitszeiten oder rotierenden Arbeitsplänen sein. Ein hybrides Büro sorgt für Flexibilität und erlaubt den Mitarbeitenden zu wählen, wo und wie sie arbeiten wollen.
Was sind die Vorteile des hybriden Arbeitens?
Ein hybrides Arbeiten kann die besten Elemente von Remote- und traditioneller Büro-Arbeit vereinen und es Unternehmen ermöglichen, fließender zu existieren. Sie können die im Jahr 2020 gut dokumentierte gesteigerte „Work-from-Home”-Produktivität nutzen, ohne dabei die bekannten Vorteile des persönlichen Engagements völlig aufzugeben. Auch der Talentpool des Unternehmens kann dadurch potenziell gestärkt werden. Da eine physische Anwesenheit nicht zwingend erforderlich ist, kann ein Unternehmen seine Rekrutierungspolitik auf zusätzliche Regionen ausweiten. Und wir alle kennen die Vorteile, die eine vielfältige Belegschaft mit sich bringen kann. Ein weiterer Aspekt ist, dass durch die Arbeitsmöglichkeit im Homeoffice die Notwenigkeit des Pendelns zumindest teilweise entfällt. Neben einer sinkenden Umweltbelastung, können sich Mitarbeitende nun einfacher den Wunsch vom Wohnen auf dem Land erfüllen. Wie eine Studie von Immowelt zeigt, steigen bereits jetzt die Immobilienpreise im Umland von Großstädten an.
Was sind die Herausforderungen des hybriden Büros?
Die unmittelbarste Herausforderung ist, wie das hybride Büro optimiert werden kann. Das Ziel ist es, sicherzustellen, dass sowohl Präsenz- als auch Remote-Arbeit zwei Enden des gleichen Spektrums sind. Doch genau hier können Schwierigkeiten auftreten. Ob nun ein verstärkter Fokus auf die Zusammenarbeit liegt, wenn die Mitarbeitenden im Büro sind, oder ein größerer Schwerpunkt die Schaffung einer Kultur für die Remote-Mitarbeitenden ist – all das muss berücksichtigt werden.
Die Kultur, die eine Organisation jedoch ausmacht, wird von den Menschen geschaffen, die für sie arbeiten, und man kann nicht erwarten, dass sich diese über Zoom, Teams & Co. entwickelt. Das finanzielle Argument für die Reduzierung des Bürobestands und die Einführung von Remote-Arbeit ist ein starkes Argument (das durch leere Büros während der Schließung in den Vordergrund gerückt wird), aber es kann nicht der einzige Motivationsfaktor für die Entscheidung einer Organisation sein, in Zukunft andere Arbeitsstile und veränderte Arbeitsmuster einzuführen.
Wenn uns das Jahr 2020 etwas gelehrt hat, dann, dass es keine klare Gewissheit geben kann. Es gibt jedoch deutliche Anzeichen für einen Wandel hin zu einer gewissen Form der Flexibilität. Unternehmen wie Siemens zum Beispiel haben bereits Änderungen vorgenommen, die 2–3 Tage mobiles Arbeiten pro Woche als neue Norm festlegen. Eine hybride Methode wie diese scheint für viele ein logischer nächster Schritt zu sein, aber das ist keine Einheitslösung für alle.
Rekrutierung von zu Hause aus
Wie viele andere Branchen auch, haben sich die Recruiter in die relative Sicherheit der Telearbeit zurückgezogen. Und obwohl dies eine gewisse Erleichterung darstellt, wirft es immer noch eine Reihe von strategischen Fragen auf.
Für alle, die in der Personalbeschaffung tätig sind, ist es wichtig, produktiv und vernetzt zu bleiben. Der technologische Schwenk war also immens, um diese Lücke zu schließen. Da persönliche Treffen vom Tisch sind, kamen vermehrt Software und Tools zum Einsatz. Von Videointerviews und Online-Assessments bis hin zu einem intuitiven ATS (Applicant Tracking System) und kollaborativen Technologien wie z. B. Microsoft Teams – der moderne Recruiter muss sich auf diese stützen, um erfolgreich zu sein. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Wenn sie effektiv eingesetzt wird, kann die Zeit bis zur Einstellung eines Bewerbers um bis 50 % reduziert werden.
Mehr Flexibilität, mehr Herz, mehr Nachsicht
Ein noch nie dagewesenes Jahr verlangt nach noch nie dagewesenen Veränderungen – vor allem in der Art und Weise, wie wir arbeiten. Aber wie können wir in solch unsicheren Zeiten genau beurteilen, was Mitarbeitende von zu Hause aus leisten?
In erster Linie muss berücksichtigt werden, dass niemand wirklich in Bestform arbeitet. Die Umstände sind für jeden Mitarbeitenden so unterschiedlich, dass es völlig verfehlt wäre, anders zu denken. Jeder ist auf seine eigene Weise überfordert.
Besonders berufstätige Eltern haben jetzt eine zusätzliche Belastung. Ihre Fähigkeit, ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen den Anforderungen von Familie und Beruf zu finden, wird durch den Schul- und Kinderbetreuungsausfall wie nie zuvor auf die Probe gestellt. Sie arbeiten also mit ihren Kindern von zu Hause aus, sind nicht selten auch die Ersatzlehrer/innen und haben darüber hinaus keinen Zugang zu Freizeitbeschäftigungen, Babysitter/innen, Verabredungen zum Spielen und sogar Verabredungen mit den Großeltern, auf die man sich normalerweise verlassen könnte.
Leistungsbeurteilungen werden also mehr auf den Menschen als auf die Zahlen schauen müssen. Wenn man wirklich beurteilen möchte, wie Mitarbeitende in diesen besonderen Zeiten abschneiden, müssen einige untypische Kompetenzen berücksichtigt werden. Es waren die Soft Skills, die hier in den Vordergrund traten, also sollten diese nicht übersehen werden. Von einer positiven Einstellung und gesundem Menschenverstand bis hin zu Zeitmanagement und Flexibilität – das sind Eigenschaften, die aktuell den Unterschied ausmachen.
Arbeitswelt der Zukunft?
Wie wird die Arbeitswelt nach der Pandemie aussehen? In Zukunft könnten einige der Nachteile von Büroarbeit, die als fest verankert und unausweichlich galten, endlich der Vergangenheit angehören. Lange, kostspielige Pendelwege und die Kultur der unnötigen Meetings und des Präsentismus könnten sich als Opfer der neuen, zukunftsorientierten Art und Weise erweisen. Die agilen Arbeitslösungen, die angesichts der Notlage eingeführt wurden, könnten (und sollten in vielen Fällen) durch neue Richtlinien und Praktiken ersetzt werden, die viel besser dazu passen, wie wir in Zukunft arbeiten wollen.
Erzwungene Telearbeit hat gezeigt, dass Menschen auch ohne gesteuerte Anwesenheit und ständige Überwachung produktiv arbeiten können, so dass ein größeres Augenmerk daraufgelegt werden sollte, dass die Mitarbeitenden selbst entscheiden, wie sie die Zeit im Büro und außerhalb des Büros ausbalancieren wollen.
Darüber hinaus sind Kernkompetenzen wie Anpassungsfähigkeit, die Fähigkeit, auf agilere Arbeitslösungen umzuschalten, und die Fähigkeit, sich neue Fähigkeiten anzueignen, zunehmend gefragt. Die COVID-19-Krise hat diese Probleme in vielerlei Hinsicht hervorgehoben und deutlich gemacht, dass eine andere, flexiblere Arbeitswelt nicht nur möglich, sondern in vielen Fällen für die Nachhaltigkeit und das Überleben von Unternehmen unerlässlich ist.
Die Schaffung eines Kommunikationsrhythmus ist für einen agileren Arbeitsansatz unumgänglich. Themen, Entwicklungen und Ziele können fest im Blick behalten und bei veränderten Bedingungen kurzfristig angepasst werden.
Fest steht jedoch, dass die Aufrechterhaltung einer positiven Unternehmenskultur eine grundlegende Aufgabe, unabhängig von der Entwicklung hin zur Telearbeit, ist. Wir kennen die Vorteile: erhöhte Moral, Arbeitszufriedenheit, geringere Fluktuation und verbesserte Produktivität. Aber für viele ist es eine neue Art zu arbeiten. Zukünftig müssen wir unser Verständnis einsetzen und auch außerhalb des Büros denken.